1795 – 1875
Die Künste sind des Lebens
schönste Zier,
Sie wissen es und lieblich
auszuschmücken,
Und immer noch wars so bei dir
und mir,
Das konnten sie uns höchlich
stets entzücken.
Wir schwärmten bei so manchem
schönen Bild,
Das uns des Künstlers seine
Hand gewoben,
Und wenn die Töne klangen
sanft und mild,
Hat sich das Herz uns himmelan
gehoben.
Doch eine Kunst halt’ ich vor
andern hoch,
Die wonnig uns die Stunden mag
versüßen,
Die Dichtkunst ist’s, die
jeder Mund uns noch
Seit alter Zeit mit lautem
Wort gepriesen.
Denn blühend immer will sie in
das Leben
Den schönsten Reiz mit zarter
Hand uns weben.
1795 – 1875
Du warst mir Trost in manchen
trüben Stunden;
Wenn düstre Wolken meinen Sinn
umzogen,
Warst du mit deiner Gunst mir
zugewogen,
Und legtest deine Hand auf
meine Wunden.
Von dir berührt, konnt’ leichter
ich gesunden,
Und wenn vom Quell, der
schäumt in vollen Wogen,
Nur Tröpflein Staubs an mir
vorüberflogen,
Hab’ ich dein Rauschen kühlend
schon empfunden.
Verzeih dem Armen, dem nicht
Funken sprühen,
Daß er es wagt, dich lauten
munds zu preisen,
Und in Sonetten selbst für
dich zu glühen.
Schon durften dir die
zartesten der Weisen,
Die Lilien gleich in deinem
Garten blühen,
Und nur ein Blättlein mag mein
Lied dir heißen.
1795 – 1875
Wie Rosse je in goldnen Zügeln
schäumten,
So flog dein Dichterroß zu
jeder Stunde
Noch spielend mit dir, tanzend
in der Runde,
Als ob die Musen selber es dir
zäumten.
Leih deine Zügel mir, die
goldbesäumten,
Leicht fliegt mir dann in
flüchtiger Secunde
Ein hübsches Verschen weg von
meinem Munde,
Wies schöner nicht im
Dichterhain sie reimten.
Gieb deine Sporen mir, die
silberhellen,
Bald soll mir dann das Rößlein
lustig springen,
Ein Reimchen mir in
Glockenlauten klingen.
Reich mir dein Gertchen mit
den eiligschnellen,
Verbrämten Drotteln, bald
solls galoppieren,
In raschem Flug mich zum
Parnaß zu führen.
1795 – 1875
Zwei Vöglein sitzen auf den
grünen Zweigen,
Die Frühlingsklänge wechselnd auszutauschen,
Einander still die Lieder
abzulauschen;
Wenn singt das eine, will das
andre schweigen.
Wie wenn in schönen,
klangesvollen Reigen
Die Saiten lieblich an die
Ohren rauschen,
Daß man sie möchte stundenlang
belauschen,
So ist’s, wenn sich zum Sang
die kehlen neigen.
Ihr seid die Vöglein, die mit
leichten Schwingen
Wie concertirend auf den
Zweigen sitzen,
Und laßt einander süße Lieder
klingen.
Und wie geschwind gleich
flügelschnellen Pfeilen
Die goldnen Flammen aus den
Wolken blitzen,
So füget Reim an Reim ihr
sonder Weilen.
1795 – 1875
Ob mußtest du des Amtes Bürden
tragen
In vielbeschwerten,
arbeitsvollen Händen,
Sie hin und her zum edlen Werk
zu wenden,
Hast du doch gern die Saiten angeschlagen.
Es war dir wie zu wonnigem
Behagen,
Wenn sich des Tages Mühen
durften enden,
Ein Lied von goldner Leier zu
entsenden,
Die wolltest du zum liebsten
Schmuck dir tragen.
So flicht man Blumen, die im
Lenz zu pflücken,
Wenn locket sie das Licht der
warmen Sonne,
Sich um die Schläfe, blühend
sie zu schmücken.
So trinkt man Perlen aus
kristallnen Quellen
In Sonnengluth mit still
empfundner Wonne,
Die Augen sich mit neuem Glanz
zu hellen.
1795 – 1875
Du klagst, daß will kein
Verschen dir gelingen,
Dir leichten Schwunges von den
Saiten beben;
Nicht eines, sagst du, wollt’
im ganzen Leben
Verschwiegen selbst dir von
den Lippen klingen.
Versuchs einmal, versuch’ es,
deine Schwingen
Zum leichten Fluge dir empor
zu heben,
Bald wird sich dir ein kleines
Verschen weben,
Dir lustig von der Leier
wegzuspringen.
Ein Vöglein, dem kein Liedchen
noch erklungen
Will lang zuvor es stammelnd
erst versuchen,
Bis ihm zuletzt der volle Laut
gelungen.
Dann sitzt es fröhlich auf den
schlanken Zweigen
Der Tannen, Birken,
grünbelaubten Buchen,
Zum süßen Sang die Kehle sich
zu neigen.
1795 – 1875
Der Wochen sieben wolltest du
verlieren,
Bevor du endlich in den
letzten Tagen
Die Saiten helle klingend
angeschlagen
Zu Verschen, ach, zu mehr doch
nicht als vieren!
Doch was so lang du wolltest
erst probieren,
Bis sollt’ hervor es am das
Licht sich wagen,
Sich schüchtern meinem Blick
entgegentragen,
Es dürft’, ob klein, mit
zartem Schmuck sich zieren.
So sinne denn in stillen
Mußestunden
Der Verschen mehr, als zweimal
zwei zu dichten,
Die seien dann zum schönen
Kranz gewunden.
Für wen? Für dich, die Schläfe
dir zu schmücken?
Nein, jedes Verschen sollst an
mich du richten,
Dir warm dafür die
Freundeshand zu drücken.
1795 – 1875
Ach! daß man soll dem Reim
sich immer fügen,
Will man einmal ein kleines
Verschen wagen:
So hör’ ich dich bald laut,
bald leise klagen,
Und kann es lesen von den traurgen
Zügen.
Nun kann man zwar mit wonnigem
Vergnügen
Zu jedes Ohres lieblichem
Behagen,
Wie wenn im Busch die
Nachtigallen schlagen,
Sich auf des Reimes goldnem
Fittig wiegen.
Doch ob du magst auf jeden
Reim verzichten,
Noch kannst du, daß sich Ohr und
Herz erlaben
Mit süßer Lust, die schönsten
Verse dichten.
Und wieder kannst du Reim auf
Reime streuen,
Und doch ists, daß von allen
deinen Gaben
Nicht eine mag ein Dichterherz
erfreuen.
1795 – 1875
Ach! wenn du wolltest mich nur
einmal loben,
Nur einmal mich, daß ich in so
viel Reimen,
Die wollt’ ich künstlich dir
zusammen leimen,
Dich selber schon mit lautem
Mund erhoben.
Doch ob ich sonst als Freund
dich kann erproben,
Wie besser mag ich keinen andern
träumen,
Mit deinem Lob willst du noch
immer säumen,
Und hast mir keins zum Kranze
noch gewoben.
Und doch wie gern hört’ ich zu
jeder Stunde
Ein rühmend Wort aus deinem
Freundesmunde,
Ein Wörtchen nur, ein wenig
mir zu schmeicheln!
Doch weiß ich wohl, du willst
und kannst nicht heucheln,
Und daß ich sollte je dein Lob
verdienen,
Ist mir noch nie im Traume
selbst erschienen.
1795 – 1875
Ich wiege mich auf schönen
Idealen,
Und kann für alles Edle mich entzünden,
Das Leben darf buntfarbig ich
ausmalen,
Und manches Bild zum zarten
Schmuck drein winden.
Die Poesie, die Tonkunst will
ich preisen,
Die Reize der Natur mit Lust
erheben,
Des Morgens Glanz, den
Abendhauch, den leisen,
Des Waldes Grün, das ländlich
stille Leben.
Und wenn der Himmel flammt in
Sternensonnen,
Und gießt herab die goldnen
Lichteswellen,
Dann klingt mein Lied in still
empfundnen Wonnen,
Die Nacht in deiner eignen
Brust zu hellen.
Und wenn ich darf ruhmreiche
Männer loben,
Sind hoch die Schwingen mir
emporgehoben.
II.
Hymnen
Wir wollen uns der Ode hohem
Schwung,
Die uns verwandt, wetteifernd
zugesellen,
Um aus des Lebens öder
Niederung
Des Geistes-Flügel himmelan zu
schwellen.
Wir tragen uns in
leichtgehobnem Flug
Empor zu hehren, frommen
Sangesweisen,
Den, der die Seinen auf den
Armen trug
Der treusten Liebe, lauten
Chors zu preisen.
Wir danken, loben, rühmen,
beten an,
Wir beugen uns vor Gottes
Thron im Staube;
Was uns empor auf sonnenheller
Bahn
Frohlockend trägt, es ist der
fromme Glaube.
In unsre Schalen magst dein
Lob du gießen,
Wenn Gnadenströme dir vom
Himmel fließen.
III.
Elegie
Des Lebens Unglück will ich
dir beklagen,
In stiller Wehmuth deinen
Schmerz aussprechen,
Wenn in so manchen
herbempfundnen Plagen
Das Herz dir will vor bittrem
Leide brechen.
Wardst du getäuscht, hast
trauernd du verloren,
Was fest sich einst dir an das
Herz geschlossen,
Was war zu süßem Labsal dir
erkoren,
Hab’ ich dein Leid in Klagen
ausgegossen.
Ich jammre nicht; des Herzens heißes
Sehnen,
Was Schweres du im Leben mußt
empfinden,
Ich gieß es aus in sanften,
weichen Tönen,
Und will sie lind dir um die
Schläfe winden.
Und wirst du weinend an den
Gräbern stehen,
Kann dich zu Trost mein
Friedenshauch umwehen.
IV.
Glosse
Wie Röschen man sich gern vom
Strauche bricht,
Zum zarten Frühlingsschmucke
sie zu wählen,
So will, wo blüht ein zart und
schön Gedicht,
Ich gern ein paar der Strophen
ihm abstehlen.
Ich wäg’ sie dann in ihrem
tiefen Sinn,
Und will in Versen jede
kommentieren,
Und find ich, was ist zart
verschlossen drin,
Kann ich es wohl mit meinen
Reimen zieren.
So will denn auch manch
schönes Dichterwort
Nur um so lieber in das Herz
sich prägen,
Daß klinget es drin nach dir
fort und fort,
Und bietet dir auch doppelt
reichen Segen.
Und wirst du mich in meinem
Werth erkennen,
So kann dein Herz auch heiß
für mich entbrennen.
V.
Gaselen
Als Gäste sind aus fernem
Morgenland
Zum Occident wir her zu euch
gezogen,
Und woben Lieder euch mit
zarter Hand,
Daß wart ihr bald uns Fremdlingen
gewogen.
Wenn singen wir manch Verschen
hold und traut
Von Lieb und Leid, von Lust
und herben Schmerzen,
Dann horcht ihr gern auf
unsern süßen Laut,
Der lieblich klingt,
wohltönend in die Herzen.
So Manchen, den als Dichter
ihr erhebt,
Wir durften ihn kunstreiche
Formen lehren,
Wo Wort um Wort gleichlautend
gern sich webt,
Dieselben Reime immer
wiederkehren.
Und scheint es oft, als
wollten wir nur spielen,
Doch wars, daß wir selbst
Meistern noch gefielen.
VI.
Ritornell
Die Blumen lieb ich; Lilien
und Rosen,
Narzissen, Veilchen will ich
hoch erheben,
Mit Myrthenkronen,
Lorbeerzweigen kosen,
Und sie in Reime zarten Lautes
weben.
Aus Süden stamm ich, wo
Orangen blühen,
Die Mandelbäume würzgen Duft
verbreiten,
Wohin die süßen Nachtigallen
ziehen,
Die Lyra klingt in
weichgestimmten Saiten.
Ich necke gern, und darf ein
Schelm wohl heißen,
Selbst ein Satyrchen will ich
manchmal schreiben,
Doch kann ich auch das Höchste
würdig preisen,
Und immer ernst bei ernsten
Dingen bleiben.
Und flieg ich auch nur auf
drei kurzen Zeilen,
Will doch von Blum’ zu Blum’
ich flatternd eilen.
VII.
Gnomen
Kurz sind wir zwar, doch immer
sinnesreich,
Und lieben uns in edle Form zu
kleiden,
Bald streng und ernst, bald
wieder zart und weich,
Die Ohren dir mit süßem Klang
zu weiden.
Das Neue wollen treffend und
pikant,
Damit es reuzt und locket, wir
ausdrücken,
Und wo wir sagen, was ist
längst bekannt,
Da wissen wirs poetisch doch
zu schmücken.
Wir sind berühmt schon seit
uralter Zeit,
Im Morgenlande schon mit Lust
gepriesen,
Wo man die ernsten Lehren der
Weisheit
In unsre kurzen Formen wollte
gießen.
Selbst Salomonis hochgesalbter
Mund
Macht sie darin in goldnen
Sprüchen kund.
VIII.
Epigramme
Wir sind zumeist ein
schneidiges Geschlecht,
Und können eine scharfe Feder
führen,
Und wär’ es Manchem auch
vielleicht nicht recht,
Wir schrieben ihm doch
beißende Satyren.
Wir tragen Spott, wir tragen
Hohn und Witz
Auf unsern leichtbewegten,
luftgen Flügeln,
Und schlügen ein wir zündelnd
gleich dem Blitz,
Wir ließen unsern Übermuth
nicht zügeln.
Wir zählen auf dem weiten
Erdenrund
seit alter Zeit schon
hochberühmte Namen,
Die uns gepflegt, die mit
gewürztem Mund
Ausstreuten unsres Witzes
goldnen Samen.
Und brennte heiß nicht unser
blitzend Flämmchen,
Wir schrieben auf dich selbst ein
Epigrämmchen.
IX.
Idylle
Was friedlich ist, sich
harmlos still ergetzt,
Was die Natur sich hegt im
weichen Schooße,
Ich preis es dir, daß es dich
hoch erletzt,
Und flecht es dir zum schönen
Lebensloose.
Vor Alters, da noch blüht’ die
goldne Zeit,
Die wollt’ die Schwingen
leichten Fluges dehnen,
Da durfte selbst die eignen
Flügel weit
Ausbreiten ich mit Lust und
warmem Sehnen.
Ich schwärmte, liebte, schwang
mich hoch empor,
Und träumte mich in goldne
Paradiese,
Die hielt ich lieblich meinen
Blicken vor,
Daß ich mit stillen Wonnen sie
mir grüße.
Ach, mein so reines, sanftes,
zartes Leben,
Ich mußt’ der Zeit es halb zum
Raube geben!
X.
Märchen
Was wollt’ ich mir schon immer
gern aussinnen,
Das ist ein zartes,
feingewobnes Märchen,
Doch was versucht’ ich, schnitt
ich mit dem Scheerchen
Entzwei mir wieder, daß es
flog von hinnen.
Und wollt’ ich auch von Neuem
dann beginnen,
Und hatte schon ein
allerliebstes Pärchen
Mit blondem Bart, und fein
gelocktem Härchen,
Konnt’ ich doch nicht den
rechten Schluß gewinnen.
An Riesen, Zwergen, Zauberern,
Kobolden
Gebrach mirs nicht, auch nicht
an wunderholden,
Zartfühlgen Feen, die hätt’
ich drein verwoben.
Doch ging es nicht; so blieb
das Märchen liegen,
Das schlußlos wäre, will nicht
Alles trügen
Und täuschen mich, vor deinem
Blick zerstoben.
XI.
Sonett
Noch will ich dich, mein
Liebling, hoch erheben,
Der willst du mir so zarte
Lieder singen,
Die schmeichelnd sich mir um
die Ohren schlingen,
Mit süßen Lauten um das Herz
sich weben.
Zwar muß man sich dir ganz zu
eigen geben,
Die Freiheit dir zum willgen
Opfer bringen,
Beschränken sich, Maaß halten,
solls gelingen,
Empor auf deinen Fittigen zu
schweben.
Die Worte wählen muß man,
künstlich wenden,
In Reimen sie zum schönen
Gleichlaut fügen,
Daß weichgebettet sie im Arm dir
liegen,
Doch, was sich will im Innern
mir bewegen,
Ich mag es gern in deine
Formen legen,
Und immer muß ich lautes Lob
dir spenden.
1795 – 1875
Der
ließest du die Leier hell erklingen,
Mit
zartgehauchten, lieblichen Sonetten
Die
Ohren uns zu süßer Lust zu ketten,
Dich
soll mit lauten Saiten man besingen.
Was
dir zuerst durft’ meisterlich gelingen,
Das
wollten Andre wie in kühnen Wetten
Nacheifern
dir, um in die wundernetten
Lenzblumen
dir ein Blättlein noch zu weben.
Du
trugst aus Südens warmgesonnten Auen
Nach
Ost und West, was mag die Brust uns heben,
Wie
wenn wir blühend rings die Fluren schauen.
So
wollen wir den Kranz, den frischgepflückten,
Den
immer neuen um die Stirn dir weben,
Wir,
die an deinem sang wir uns entzücken.
II.
W. Shakespeare
Du
singst Sonetten, drin ich darf mich finden
In
meinem Glück, in meinem stillen Leide,
In
meinem Schmerz, in meiner lauten Freude
Lebendig
darf mich selber wiederfinden.
Was
lieben, hassen, suchen, meiden, binden
Ich
will ums Herz mir, was ich gönne, neide,
Was
fasset rauh mich an, mich weich wie Seide,
Das
weißt du künstlich mir zum Kranz zu winden.
Du
forschest mich in meinem stillsten Sehnen,
Belauschest
mich, wenn lieg’ ich wie im Staube,
Und
darf dann weit die Flügel wieder dehnen.
Das
hab’ in deinen Liedern ich gefunden,
Und
nahm es mir als wie zum süßen Raube,
In so
viel leichten, so viel schweren Stunden.
III.
W. Humboldt
Als
wolltest du nach langer Arbeit mühen
Zurück
dich in die stille Ruhe ziehen,
Da
durften dir die goldnen Saiten klingen,
Manch
süßes Lied uns klangreich zu singen.
Sonetten
wollten lieblich dir erblühen,
Wie
Blumen, die in bunten Farben glühen,
Die
uns der Lenz auf goldbesäumten Schwingen
Als
Morgengabe will zum Gruße bringen.
Wie
wogt es sanft, wie stürmt es rauh das Leben,
Wie
will sich Licht und Dunkel drein verweben,
Wie
beugt es jetzt, und mag uns dann erheben:
Das
Alles gibst du wechselnd uns zu schauen,
Und
wie wenn frisch die jungen Morgen thauen,
Kann
uns dein Sang in Lust und Leid erbauen.
IV.
A. Platen
Der
Sprache bist du als ein Meister mächtig,
Sie
muß sich deinem Wink gelenksam schmiegen,
Sich
wenden, drehen, formen, weich sich biegen,
Und
wenn du willst, herrauschen stolz und prächtig.
Wenn
schlingst du Verse, wie so fein, bedächtig
Wägst
du die Worte, künstlich sie zu fügen
Zu
Reimen, die mit süßem Klang sich wiegen
Auf
Tonesschwingen, leicht doch sinnesträchtig.
Dir
fügen sich die schönsten der Sonetten
So
zart und lind zu Tönen, klangesweichen,
Wie
Fäden schlingen sich zu seidnen Ketten.
Und
wen du hebst auf deine leichten Schwingen,
Auf
deine bunten, immer farbenreichen,
Dem
kannst zum Lob den schönsten Kranz du schlingen.
V.
Fr. Rückert
Verborgne
Schätze hast du aufgeschlossen
In
sonnenhellen, klangesvollen Reimen,
Das
Leben uns zu süßer Lust zu säumen
Mit
Liedern, fernem Morgenland entsprossen.
Und
was du selbst empfunden, still genossen,
Was
durftest du in schönen Stunden träumen,
Das
hast du, wie wenn Silberwogen schäumen
In
reichen Formen schimmernd ausgegossen.
Hell
rauschten dir geharnischte Sonetten,
Zu
kühnem Streit die Manneskraft zu wecken,
Daß
brech’ entzwei die fremde Sclavenketten.
Und
wieder klingen weiche dir und linde,
Wie
wenn ein Bächlein rinnt aus hellen Becken,
Wie
wenn ein Blatt sich wiegt im Frühlingswinde.